Über den Gräben by Rolland Romain

Über den Gräben by Rolland Romain

Autor:Rolland, Romain [Rolland, Romain]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2015-09-24T16:00:00+00:00


2. März

Züge, Lastwagen, Eisenbahnen, Schiffe, Fabriken, Werkstätten, Laboratorien, die ganze menschliche Zivilisation scheint nur noch als Zulieferer für die Mordmaschine da zu sein.

Der Selbstmord der Kultur des Abendlandes:

Eine Anordnung des englischen Munitionsministers verbietet den Arbeitgebern seit dem 1. März, Männer zwischen 18 und 61 Jahren einzustellen. Die Anordnung bezieht sich auf folgende Gewerbezweige: Möbel, Holz, Glas, Töpfereien, Bauunternehmen, Konditoreien, Brauereien, Tabakfabrikation, Mode- und Konfektionshäuser, Hausangestellte, Gaststätten, Theaterangestellte, Handelsangestellte und Handelsreisende usw.

In Deutschland tritt die Massenaushebung der Bevölkerung bis zum Alter von 60 Jahren am kommenden 1. April in Kraft.

16. März

Nachrichten über die Revolution in Russland kommen zu uns. Abdankung des Zaren. Die auf die Armee gestütze Duma ist siegreich. […] Aber so wichtig ein solches Ereignis für die Zukunft Russlands auch sein mag, ich erwarte davon keine Besserung der gegenwärtigen unseligen Zustände. Die Partei, die gesiegt hat, die Partei [Pawel Nikolajewitsch] Miljukows, ist noch kriegerischer und nationalistischer als der entthronte Zarismus.

[Ende März]

Verboten, pessimistisch zu sein. Befehl von oben, staatsbürgerliche und philosophische Freude zur Schau zu tragen.

31. März 1917, 970. Tag des Kriegs

Russische Revolution.

1. April

Besuch von Annette Kolb. Sie leidet grausam unter dem Krieg; und in einem Zustand schmerzhafter Überreizung hat sie einen Appell an das wahre Deutschland geschrieben (der im Journal de Genève veröffentlicht werden soll); den Titel habe ich ihr vorgeschlagen. Sie fordert darin die Deutschen auf, «von den Alpen bis zur Nordsee Sturm zu läuten» gegen ihre preußischen Machthaber, ihre «Boches», die Deutschland zerstören und in Schande stürzen. Neulich hat G[eorges] Wagnière mir diesen Appell vorgelesen; ich fand ihn ein wenig naiv, rührend und sehr mutig. Es ist ein schwerwiegender Akt, den Annette Kolb da begeht, er kann sie teuer zu stehen kommen.

3. April

Präsident Wilson schlägt dem Kongress in Washington vor, Deutschland den Krieg zu erklären.

Unter den Reisegefährten meiner Schwester zwischen Paris und Dijon war ein junger Leutnant, der, sehr gesprächig, sehr munter, gegenüber niemandem ein Geheimnis daraus machte, was er dachte. […] Er kommt von der Somme und spottet über die berühmte Offensive, die in den Zeitungen der Alliierten so begeistert gepriesen wird. Schon zwei Monate zuvor hatten die Deutschen die Gegend geräumt, ohne dass Franzosen und Engländer es ahnten. Sie überschütteten die leeren Schützengräben weiterhin reichlich mit Munition und trafen seit Monaten Vorbereitungen für eine große Offensive, als sie entdeckten, dass der Feind längst weg war. Die Generäle wollten es nicht glauben. […]

Der Brief von Annette Kolb, ihr Appell an die Deutschen, erscheint im Journal de Genève vom 5. April ein wenig versteckt auf der zweiten Seite. Es ist ein großherziges Wort, das erste, das ein außerhalb der politischen Parteien stehendes freies deutsches Gewissen auszusprechen wagt. (Denn die bezahlten oder zumindest suspekten Ankläger wie den Autor des Beitrags Ich klage an rechne ich nicht hierzu.) Der Brief flößt mir große Zuneigung für die bedauernswerte Frau ein, die sich in den Feuerofen stürzt. Die Schwächste, die am wenigsten für den Kampf Geschaffene gibt den andern ein Beispiel.

5. April

Kriegserklärung der Vereinigten Staaten an Deutschland. [George D.] Herron und Robert Michel trinken ihr zu Ehren Champagner.

6. April, Karfreitag

Guilbeaux unterrichtet



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